Widerspruch zum Links-Populismus-Artikel

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Widerspruch zum Links-Populismus-Artikel

Spannender Disput unter Freunden: Zu meinem Artikel „Links-Populismus erledigt„, der nicht nur hier, sondern auch (etwas verkürzt) in KURIER, KURIER-online, Fisch & Fleisch und weiteren kleineren Blogs erschien (brachte mehr als 50.000 Leser), bekam ich enorm viel Zustimmung aber auch einige Kritik. Einer dieser Widersprüche kam von einem besonders lieben Freund, Marcus Wilding, der mich auch bat seine Replik zu veröffentlichen, was ich somit tue (und darunter auch gleich beantworte):

Marcus Wildings Replik zu meinem „Links-Populismus“-Artikel:
REPRÄSENTIERT DIE SCHÄRFE DEINES LINKS-POPULISMUS-ARTIKELS DIE WERTE DES MITTELSTANDS?

Den historisch durchaus weitreichend geglückten Versuch der gemäßigten Linken, den Schwächsten in unserer Gesellschaft, mithin den Minderheiten, oder schlicht in unglückliche Familienumstände hineingeborenen, also gerade Jenen, die unmittelbar keine ‚Leistung‘ für die Gesellschaft zu erbringen scheinen, oder die von der Norm abweichen, ihr Menschenrecht auf Gleichbehandlung – ja manchmal sogar auf Schutz durch ‚die Stärkeren‘ zu sichern, schlicht als ‚Linkspopulismus‘ abzutun, scheint mir mit fundamentalen Werten von denen ich glaube, dass sie im Mittelstand (glücklicherweise) weit verbreitet sind, nämlich jenen der Aufklärung – aber auch jenen des Christentums, schwer vereinbar. Das Bibelzitat: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ kommt mir da in den Sinn und auch das alte Bild von dem schwächsten Glied der Kette, das zugleich das Stärkste ist – denn an ihm reißt sie.

Du selbst hast noch vor Weihnachten in diesem Forum einen wunderbaren Buchtipp  gegeben, „Die Achtsamkeit des Herzens“ von dem Benediktinermönch David Steindl-Rast … lass uns doch diese schönen Gedanken mit in das Jahr 2018 herüberholen. Denn ich denke die Mehrheit jener, die sich zum Mittelstand bekennen, wollen weiterhin in einer Gesellschaft leben, die solidarisch ist – und wollen sie das nicht aus einer Herzensentscheidung heraus, dann – so unterstelle ich einmal – wollen sie es aus gesundem bürgerlichen Egoismus heraus, denn ist nicht die Argumentation des Wirtschaftsnobelpreisträgers Joseph Stieglitz, der wachsende Ungleichheit als Hauptbedrohung  für unser wirtschaftliches System und für unsere Demokratien ausmacht, mehr als nachvollziehbar? Hier geht es mitnichten alleine um die, da stimme ich zu, bestehende Gefahr der Verarmung des Mittelstands. Hier geht es auch um die Gefahr von Verelendung der Armen, ein Problem das überwunden geglaubt war…

IST ES NUN DIE RICHTIGE ZEIT DER LINKEN ‚SO RICHTIG EINZUSCHENKEN‘?

Ich habe während meiner Schulzeit zu Hause gelernt: „Wenn Dich jemand angreift, dann ist es legitim sich zu wehren, aber wenn jemand schon am Boden liegt, dann tritt nicht nach“.

Es gibt – vielleicht sogar berechtigte – Hoffnungen, dass die neue österreichische Regierung ‚mittelstandsfreundlicher‘ agieren wird, geschenkt – ich bin bereit abzuwarten und an Taten zu messen. Ebenfalls steht es außer Zweifel, dass sich die von Dir als ‚Linkspopulisten‘ Titulierten in einem Zustand schwerer Krise befinden.

Gleichzeitig macht sich ein nicht unerheblicher Teil unserer Gesellschaft sorgen, ob mit all dem – hoffentlich gut gemeinten – Reformwillen der das Land nun durchweht, mancherorts auch das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden wird. Auch hier wird an Taten zu messen sein.

Ich will Optimist bleiben. Ich will davon ausgehen, dass wir weiterhin in einem Land leben, wo Minderheiten in der gesellschaftlichen Mitte angekommen sind, wo zum Beispiel politische wie auch wirtschaftlich Führende, sich offen zu Homosexualität bekennen können, ohne fürchten zu müssen dadurch Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Ich hoffe weiterhin in einem Land zu leben, wo wir grundsätzlich alle Menschen als wertvoll und vor dem Gesetz gleich anerkennen. Und ich wünsche mir, dass dies ein Ort bleibt, wo man nicht auf ‚am Boden liegende hintritt‘. Dass Österreich als jener wunderbare Platz im Herzen Europas fortbesteht, der mit Demut, im Wissen seiner schwierigen Vergangenheit beispielhaft ist. Langfristig gesehen, ist es – da bin ich mir sicher – diese Basis, die der Mittelstand, die wir brauchen und wollen.

Also: „O Freunde, nicht diese Töne! Sondern lasst uns angenehmere anstimmen und freudenvollere!“

Marcus Wilding

Hier nun meine Replik (zur Replik) an Marcus Wilding:
ICH VERSUCHE IMMER DIE WERTE DES MITTELSTANDS ZU REPRÄSENTIEREN

Ich stimme Dir ja voll und ganz zu, dass es eine positive und demokratische Errungenschaft der Linken (Kommunisten, Sozialisten etc.) war, dass die seinerzeit ausgegrenzte und unfassbar hart ausgebeutete und vernachlässigte Gruppe der Arbeiter, Arbeitslosen und Arbeitsunfähigen – heute gerne insgesamt als „sozial Schwache“ bezeichnet – aus ihrer Benachteiligung befreit wurde. Ich bekenne mich zu den christlichen und menschenrechtlichen Werten, welche zur heutigen weitgehenden Gleichstellung der Menschen und zum Sozialstaat im Westen geführt haben. „Nichts gegen eine faire Sozialpolitik“, habe ich gesagt. Was ich klar als „Links-Populismus“ anprangere ist

a) die Übertreibung des Sozialstaates in Richtung einer ruinösen Leistungsfeindlichkeit – wenn es z.B. erstrebenswerter wird Arbeitslosen-Unterstützung zu beziehen und Pfuschen statt in eine normale Anstellung zu gehen, was die verzweifelte Suche der KMU nach geeigneten Mitarbeitern weiter erschwert.

b) das offensichtliche Bestreben, die Zielgruppe der „sozial Schwachen“ weiter auszudehnen, und zwar durch ein nivellierendes Schulsystem, das zu viele Arbeitsunfähige hervor bringt, durch das Antrainieren einer übertriebenen Anspruchs-Kultur, welche vom Staat alles verlangt, durch die (Willkommens-Kultur-)Zulassung möglichst vieler ungebildeter Zuwanderer, aber die Behinderung des Zuzugs von dringend benötigten Fach-Arbeitskräften aus Osteuropa u.s.w. – die Großstädte Europas sind fast alle Kristallisationspunkte des Links-Populismus und versinken folgerichtig auch in Verschuldung und Misswirtschaft (siehe mein Artikel „Stadtluft macht arm“)

c) das schamlose Behindern und Ausbeuten des Mittelstands (Unternehmer wie Besserverdiener)  durch Steuerungerechtigkeit, Bürokratie, Kreditklemme, schlechte Schulabgänger ganz ohne Rücksicht darauf, dass sie damit den Ast absägen, auf dem unsere gesamte Gesellschaft sitzt.

d) die klammheimliche Allianz mit den Großkonzernen, Global-Marken und Casino-Banken, da sie sich mit diesen die gleiche Zielgruppe teilen: Die eher ungebildeten „Working Poor“ sind einerseits Billig-Arbeitskräfte, Massenware-Konsumenten, abhängige Schuldner und andererseits leicht zu manipulierende, mobilisierende Links-Wähler.

e) der Pathos des edlen Menschenrechtskämpfers, der humanistische Bildung durch Political Correctness ersetzen will, der die Faschismus-Keule gegen alles schwingt, was ihnen widerspricht und eine regelrechte Religion aus seinen Überzeugungen gemacht hat und der damit gerne alle „Ungläubigen“ desavouiert (siehe auch Y.N. Harari – Homo Deus) und somit genau das tut, wogegen er sich immer verwahrt hat: Andersdenkende auszugrenzen.

Die Perfidie der Links-Populisten dabei ist: Sie brauchen und wollen zum Erhalt ihres Glaubens und ihrer Existenz keine emanzipierte, selbstbestimmte, gebildete, leistungsstarke Bevölkerung, weil die sie ja nicht wählt. Weil gesellschaftliche Aufsteiger zumeist nicht mehr daran denken links zu wählen, weil sie dieses Spiel durchschaut haben.

Eine Gruppe verweigert sich allerdings dieser Konsequenz (das Spiel zu durchschauen), weniger aus Intelligenzmangel, mehr aus „Religions-Zugehörigkeit“ und aus persönlichem Vorteil. Man kann sie die Salon-Sozialisten nennen. Sie sind oft in Führungspositionen und gebärden sich gerne als moralische Instanz und Vertreter der Menschlichkeit. Auffällig, aber letztlich auf verquere Weise logisch, dass linke Spitzenpolitiker nach Beendung ihrer politischen Karriere oft in die Vorstands- und Aufsichtsrats-Etagen von Großkonzernen und -banken wechseln oder als Berater und Lobbyisten ebendiesen dienen. Natürlich gibt es auch Salon-Sozialisten, die von Beginn ihrer Karriere an beruflich der Macht und dem Reichtum des Kapitalismus dienen, im Privaten – mit oder ohne Zähneknirschen – aber eine linke Philosophie vertreten. Salon-Sozialisten sind letztlich auch Praktiker, sie unterstützen die Willkommens-Kultur, nehmen aber keineswegs Asylanten in ihr Haus auf und senden ihre Kinder eher in elitäre private Bildungseinrichtungen als in von Multikulturalität geprägte öffentliche Schulen. Sie bewundern – kein Wunder – Papst Franziskus, den Vertreter der von ihnen am meisten abgelehnten anderen Religion, weil er das gleiche verkündet wie sie – aus den gleichen Gründen wie sie. Und wenn wir schon die Bibel zu Rate ziehen, dann zitiere ich gerne Paulus: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen“ (siehe mein diesbezüglicher Artikel vom Dezember 2017).

Ja, ich glaube schon, dass es jetzt kein falscher Zeitpunkt ist, den „Links-Populisten“ so richtig einzuschenken, weil sie ganz und gar nicht am Boden liegen, sondern ihre gesellschaftsgefährdenden Ansichten mit Hilfe einer Heerschaft von gleichgesinnten Journalisten, Künstlern, Kulturtreibenden, in Sozialberufen Tätigen etc. weiterhin so überlaut hinausposaunen, dass einem um sie nicht Leid tun muss.

Ich glaube, dass das Überleben der Menschheit nicht vom Kampf für oder gegen Links, Rechts und andere „Religionen“ abhängen wird, sondern vom Begreifen des Umstandes, dass uns alle nur eine Geisteshaltung, eine Politik, eine Gesellschaft der Mitte retten kann. Und wenn ich diesmal heftig gegen Links argumentiert habe, dann möchte ich darauf verweisen, dass ich das ebenso heftig gegen den Kapitalismus mit seinem Wachstumszwang getan habe. Und darauf, dass man bei einem Schiff, welches durch zu viele Menschen auf der linken Seite in Schieflage kam, auf die rechte Seite laufen muss um es dadurch wieder in die Mitte zu bringen bzw. vor dem Kentern zu bewahren. Und darauf, dass nur der Mittelstand mit seiner Innovationskraft nachhaltige Arbeitsplätze und Steueraufkommen schafft ….. wenn man ihn lässt.

Sehr wichtig ist mir in so einem Disput, lieber Freund, dass unsere unterschiedlichen Meinungen in kultivierter Weise ausgetragen werden. Dass die persönliche Wertschätzung, die Liebe, die Achtsamkeit des Herzens, auch das Grundvertrauen in die Menschen nicht beeinträchtigt wird. Ich schließe daher auch nicht aus mich zu irren und dazuzulernen. Bin daher offen für weitere Argumente und weiteres argumentieren.

Wolfgang Lusak

Mag. Wolfgang Lusak
Unternehmensberater und Lobby-Coach
www.lusak.at www.lobbydermitte.at

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