Nach der Präsidentschafts-Wahl ist vor der Nationalrats-Wahl

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Nach der Präsidentschafts-Wahl ist vor der Nationalrats-Wahl

Lieber Herr Kern, lieber Herr Mitterlehner, liebe Oppositions-Parteichefs:
WOLLT IHR MITTE ODER SPALTUNG? Das ist jetzt die große Frage!

Die Bundespräsidentenwahl ist geschlagen, viel Porzellan wurde dabei zerschlagen. Jetzt geht es darum, dass dieses Land eine arbeitsfähige, Reform-willige und einige Regierung nicht nur versprochen bekommt, sondern auch tatsächlich erhält. Die Rangelei um die Schwerpunkte und das Drohen mit Vorwahlen ist vermutlich nicht vorbei. Meiner Meinung nach wird diejenige Partei, welche jetzt die Mitte der Gesellschaft und damit auch den Mittelstand am überzeugendsten besetzt, sich langfristig durchsetzen und auch die nächste Nationalratswahl gewinnen. Hier die Begründung:

Der Präsidentschafts-Wahlkampf war auch eine Abrechnung mit einer uneinigen und reformunfähigen Regierung. Die Asylkrise war nur der Auslöser für dieses Protestverhalten, die wahre Ursache ist aber die Empörung über die ständige Vernachlässigung des Innovationen, Arbeitsplätze und Steuergeld schaffenden Mittelstandes . Ohne Mitte entstand und entsteht Rechts- und Links-Polarisierung, Lager-Wahlkampf und eine Wut aufeinander wie wir sie seit der 1. Republik nicht mehr erlebt haben. Auch das oberschlaue Rechts-Überholen von Wendehals und Ex-Bundeskanzler Werner Faymann brachte der SPÖ keine Zuwächse, sondern spaltet die eigene Wählerschaft. Auch der Koalitionspartner bzw. die angestammte Mittelstandspartei ÖVP trug bisher durch langfristiges Zulassen der unfassbaren Benachteiligung des Mittelstandes in Bezug auf Bürokratie, Sozialkosten, Steuerbelastung, Kreditklemme etc. seine Mitverantwortung und ist auch deshalb in der Wählergunst zurückgefallen. Weil die Wähler den anwachsenden Reformstau verbunden mit ebenso zunehmender Leistungs-Behinderung nicht mehr hinnehmen wollen. Weil die Menschen Klientel-politisches Taktieren und dabei Machterhalten von fairer und leistungsorientierter Werte-Haltung und Mittelstandspolitik sehr wohl auseinander halten können.

Ein Drittel sieht sich als Mittelstand
Ich möchte alle Parteien-Vertreter dazu auffordern, endlich die sehr selbstverständlichen Bedürfnisse und Erwartungen desjenigen Drittels der Bevölkerung zur Kenntnis zu nehmen, welches diesen Staat trägt und welchem die Menschen in Österreich das größte Vertrauen entgegen bringen. Das kürzlich von „Lobby der Mitte“ beauftragte und veröffentlichte „Mittelstands-Barometer“ zeigt auf, dass 91% der Österreicher den Mittelstand für sehr wichtig oder wichtig erachten, die Mehrheit ihn mit Bedauern für zunehmend durchsetzungsschwach hält, sich ihm jedoch 32% zugehörig fühlen. Also ein Drittel der wahlberechtigten Österreicher zählt sich zu einem Mittelstand der Werte Eigentum, Leistung, fairer Wettbewerb und Nachhaltigkeit/ verantwortungsvolles Handeln, das sind ca. 2,5 Millionen Menschen. Das ist viel mehr als es Unternehmer gibt, sogar mehr als die ca. 2 Mio in Betrieben bis 250 Mitarbeitern Beschäftigten und praktisch mehr als jede „Großpartei“ Wähler hat. Die Menschen sehnen sich nach Mitte, nach einer echten und vertrauenswürdigen Werte-Gemeinschaft. Daher kann es einen auch nicht verwundern, wenn ein Fünftel der Bevölkerung trotz aller traditionellen Bindungen keine der bestehenden Parteien als für den Mittelstand wählbar ansieht.

Spaltung zerstört Demokratie
Nach dieser Präsidentschaftswahl müsste allen klar sein: Die zunehmende Spaltung der Gesellschaft führt nur zu noch mehr Feindschaft und Hass und zerstört letztlich die Demokratie, die Wirtschaft und die Gesellschaft. Die große Frage für die Parteien ist jetzt, was können wir bei diesen Voraussetzungen tun, wie dabei bei der nächsten Nationalratswahl in 2018 (oder früher) zulegen? Die Oppositionsparteien haben es dabei nur vordergründig leichter – wenn sie nämlich opportunistisch die Spaltung vorantreiben und den Mittelstand vergessen, dann stehen sie auch im Fall eines Sieges vor einem kaum wieder zusammenfügbaren Scherbenhaufen. Die bisherige Ratlosigkeit bis Panik bei den Regierungskoalitions-Parteien ist nachvollziehbar: Nun haben sie sich seitens SPÖ personell neu aufstellen, aber wie soll auch eine strategisch-inhaltliche Verbesserung jetzt ohne schwierige interne Machtkämpfe gelingen? Zum Beispiel ist auch eine ernsthafte und konstruktive Beschäftigung mit Migration, Asyl, Integration und dem Import von strenggläubigen Patriarchen, von Kriminellen und Terroristen von Nöten.

Die Optionen der Parteien
Theoretisch ist es möglich, dass eine sich richtig besinnende ÖVP ihre so viele Fortschritte hemmenden Machtstrukturen abbaut um wieder eine echte Mittelstandspartei zu werden statt in der Grätsche zwischen Konzernnähe und ÖAAB oder Lehrergewerkschaft zu verkommen. Theoretisch ist es möglich, dass die NEOS nicht nur als eine etwas „modernere Version“ der ÖVP daherkommen, sondern sich klar zu innovativen und nachhaltig wirkenden mittelständischen Zielgruppen bekennt. Theoretisch ist es auch möglich, dass die zwar mit Polarisierung agierende, aber aktuell mit viele bürgerlichen Frust- und Protest-Wählern ausgestattete FPÖ wieder ins Fahrwasser einer auf die Mitte der Gesellschaft und verantwortungsvolles Handeln ausgerichteten Bewegung kommt. Die Grünen – wenn’s nicht gerade die Wiener Rot-Grünen sind – haben wohl auch schon den großen Wert der Klein- und Mittelbetriebe (nicht nur der EPU) erkannt und könnten dementsprechend handeln. Ob die SPÖ je den Wandel zur Mittelstand nicht ausbeutenden sondern fördernden Partei schafft ist bis dato zu bezweifeln – aber vielleicht gibt es auch da, mit einem neuen „Manager“ als Parteichef und Bundeskanzler, diesmal eine Überraschung.

Meine Prognose: Wer den zumindest annähernden Schritt zur Mittelstands-freundlichen Partei nicht schafft wird entweder in der Regierung an den Aufgaben scheitern und abgewählt oder in Opposition marginalisiert. Ich kann nur hoffen, dass der Lernprozess der Parteien in Gang kommt bevor alles kaputt ist. Konstruktive Mitte oder zerstörerische Spaltung, das ist die Frage. Die Antwort: Geht’s dem Mittelstand gut, geht’s uns allen gut.

Wolfgang Lusak