Zorniger Verlierer und geliebter Sehnsuchtsort: Mittelstandsbarometer Nov/Dez 20

zorniger-verlierer-und-geliebter-sehnsuchtsort-mittelstandsbarometer-nov-dez-20

Zorniger Verlierer und geliebter Sehnsuchtsort: Mittelstandsbarometer Nov/Dez 20

Das ist jetzt die aktuelle Mittelstands-Information & Lobby der Mitte-Presseaussendung  anlässlich der (seit 2008) 9.Welle unserer Mittelstandsbarometer-Umfrage in Nov/Dez20/Jan21 MIT ALLEN ORIGINAL BERICHTEN, und zwar der

  1. Repräsentativen Gallup-face-to-face-Umfrage (1000 Österreicher/innen) aus Nov/Dez 20
  2. LdM-Online-Umfrage (110 Mittelstandsbetriebe) aus Nov 20 bis Jan 21
  3. 55 „Mittelstands schafft das“-Interviews aus Apr 20 bis Jan 21 

Mittelstand: Zorniger Verlierer und geliebter Sehnsuchtsort

(die 9.Welle des Mittelstandsbaromenters  wurde zu gleichen Teilen von Wolfgang Lusak (Lusak Consulting), Martin Steiner (Ing. Büro Steiner) und Peter Ramharter (WICON)) beauftragt und finanziert)

Der unternehmerische Mittelstand erreicht gerade ein absolutes Umfrage-Hoch, klarer denn je vor Konzernen, Politik und Global-Finanz. Er sieht sich aber trotz Corona-Stützungen der Regierung weiterhin als ignoriert, benachteiligt und ausgebeutet. Und das sieht – aufgezeigt durch die neue Lobby der Mitte-„Mittelstandsbarometer“-Umfrage – die Bevölkerung auch immer mehr so. Die Politik aber immer noch nicht?

Die unabhängige Mittelstands-Plattform Lobby der Mitte (LdM) hat gerade eine umfangreiche Arbeit über die Meinungen der Österreicher und des Mittelstandes zu den aktuellen Entwicklungen und Krisen vorgelegt. Der Fokus wurde dabei auf die Wertschätzung, die Leistung, die Durchsetzungsfähigkeit als Interessen-Gruppe oder Lobby und die politischen Rahmenbedingungen gelegt. In den Umfragen und Interviews konnten Vergleiche nicht nur zwischen verschiedenen Interessengruppen und Themen gezogen werden, sondern auch zwischen den bereits seit 2008 durchgeführten 9 Wellen des „Mittelstandsbarometers“.

Warum sich der Mittelstand als „Sieger“ fühlen darf: Sowohl die KMU als auch der Mittelstand als Ganzes – also inklusive EPU und Freiberufler – führen in dieser repräsentativen Umfrage die Liste der Vertrauensträger und „Land-voran-Bringer“ klar an. Noch dazu in der aktuellen 9. Welle in 2020 mit den bisher höchsten Werten, mit 50% (KMU) und 45 % (Mittelstand). Gegenüber 42% Politik, 31% Konzerne und 18% internationale Finanzwirtschaft.

Und das bestätigt den Zorn des „Verlierers“ Mittelstandes: Konzerne sind aktuell und laut 12-Jahres-Studie nach Meinung der Österreicher die Hauptprofiteure des Lobbyings, an 2. Stelle ist Politik/Regierung, an 3. die internationale Finanzwirtschaft, an 5.Stelle liegt die Verwaltung, die Beamten. Die den Kern des Mittelstands ausmachenden KMU liegen deutlich abgeschlagen an 4. Stelle, der gesamte Mittelstand sogar nur an 6. Stelle. 7. Stelle NPOs.

Eklatante Benachteiligungen beseitigen

Die Österreicher wurden auch gefragt, wohin sie eher tendieren, zu a) mehr staatlicher Lenkung mit Fokus auf Konzerne oder b) zu weniger staatlicher Lenkung mit Fokus auf Mittelstand/KMU. Das Ergebnis zeigt klar auf, dass die Österreicher zu „einer ausgeglichen Politik zwischen diesen beiden Polen tendieren, die Regierung aber klar auf Seiten „mehr staatlicher Lenkung mit Fokus auf Konzerne“ wahrnehmen. In eine viel radikalere Richtung geht die Meinung der Mittelständler: Politik wird als dominant lenkend mit Konzern-Fokus eingeschätzt, selbst wollen sie fast nur „Mittelstands-Fokus“ ohne staatliche Lenkung. Wolfgang Lusak, Vorsitzender der Lobby der Mitte und Initiator der Umfragen und Interviews dazu: „Natürlich gibt es auch fair agierende Konzerne und natürlich brauchen die „Großen“ und „Kleinen“ einander wechselseitig, aber im Bereich „Steuerprivilegien“, „too big to fail“, „Sichtbarkeit“ und „Lobbying“ bestehen immer noch eklatante Benachteiligungen, die endlich beseitigt gehören. Dann können beide auf gleicher Augenhöhe auf einander zugehen.“

Parteien könnten mit Wählern aus dem Mittelstand kräftig zulegen

Laut Umfrage kann sich der Mittelstand gerade in der Krise als „Sehnsuchtsort“ profilieren. Der Studienautor erklärt das mit einem großen Bedürfnis nach Nahversorgung, Nähe, Mitte und Ausgeglichenheit, aber auch mit den „guten Erfahrungen, die viele Mitarbeiter von KMU mit ihren Arbeitgebern haben, weil sie ihnen ein echtes Gefühl des Zusammenhalts und der Geborgenheit geben“. Immerhin arbeiten 1,5 Mio Österreicher in Mittelstandsbetrieben, die damit auch der größte Arbeitgeber sind. Ein Drittel der Bevölkerung fühlt sich der „Wertegemeinschaft Mittelstand“ zugehörig. 83% der Bevölkerung sehen den Mittelstand mit seinen Werten und Leistungen als wichtig/sehr wichtig für Österreich an. 27% der Bevölkerung sehen in keiner der NR-Parteien eine Mittelstandspartei, unter den Selbständigen sind es sogar rund ein Drittel. Lusak dazu: „Ich verstehe das nicht, da lassen sich die Parteien und insbesondere die sich selbst  als Mittelstandspartei sehende ÖVP einfach zu viele Wähler durch die Lappen gehen. 5-10%-Punkte könnten die Parteien dazu gewinnen, die den Mittelstand richtig ansprechen. Auch deshalb, weil ein Mittelständler nachweislich und durchschnittlich als „Influencer“ 3 weitere Wähler mitbringt.“

Die 3 wichtigsten Rahmenbedingungs-Forderungen des Mittelstands

Wer von den Parteien diese Wähler neu oder zurück gewinnen will, so Lusak, „muss endlich und wirklich dem Mittelstand die notwendige Rahmenbedingungs-Verbesserung liefern, das sind 1. Die Stärkung der Eigenkapitalbildung durch Steuermaßnahmen wie Steuerfreiheit für nicht entnommene Gewinne, Steuergerechtigkeit gegenüber steuerschonend agierenden Konzernen, Aufwertung von Beteiligungen mit besseren Verzinsungen, 2. Vereinfachungen und Unterstützung bei der Bürokratie-Bewältigung, 3. Besserer Zugang zu gut ausgebildeten Lehrlingen, Fachkräften und Nachwuchs-Führungskräften. Das wurde alles schon häufig versprochen aber nicht richtig umgesetzt!“

Die zwei wichtigsten Forderungen des Mittelstands bezüglich des öffentlichen Auftritts der individuellen Unternehmen

„Alle bisherigen Umfragen, Interviews und Individual-Erfahrungen der LdM bekunden, dass es 2 Dinge gibt, die quasi über allem das Bedürfnis des Mittelstandes darstellen: 1. Mehr Sichtbarkeit und Anerkennung in Politik und Medien sowie 2. Mehrdurchsetzungskraft und Lobbyingstärke für ihre individuellen Ideen, Innovationen und Projekte“, erklärt Lusak.

Lisa Dyk von Bio-Mühle Dyk: „Unser Mühlenbetrieb – ein typisch österreichisches KMU mit ca. 20 Mitarbeiter und einem Umsatz von ca. Euro 3 Mio. – kämpft mit genau den hier aufgezeigten Herausforderungen wie überbordende Bürokratie, Eigenkapitalbildung, etc.  Hier muss es endlich rasch zu verträglichen Lösungen kommen, um nicht den Unternehmermut zu verlieren. Ansporn für das Weiterkämpfen geben mir persönlich unter anderen unsere engagierten Mitarbeiter, Gespräche mit Unternehmenskollegen und natürlich auch die hier angegebenen Umfragewerte. Ich danke LdM für Ihre wichtige Grundlagen-Arbeit und den Einsatz.“

Friedrich Riess von RIESS-KELOmat: „Ein weiteres Beispiele dafür, dass KMU benachteiligt sind, ist die Unmöglichkeit Steuerschlupflöcher zu nutzen und dennoch von Sterberatern, Wirtschaftsprüfern und Finanzprüfern bis unter die Haut überprüft und kontrolliert werden. Da fehlt einfach die Steuergerechtigkeit. Ich verlange, dass endlich alle Gewinne, die im Unternehmen bleiben steuerfrei sind, und zwar solange bis sie ausgeschüttet werden. Der Aufbau von Eigenkapital muss vorrangig für jedes Unternehmen sein und darf nicht durch lange Abschreibungszeiten, keine oder wenig vorzeitiger AfA zu Gunsten von Gewinnsteuern verhindert werden. Nur durch genügend Eigenkapital in Unternehmen kann – gerade im KMU – sichergestellt werden, dass auch wirtschaftliche Einbrüche eine Zeit lang selber durchgestanden werden können.“

Steuern von KMU werden vom Staat für Billigeinkäufe im Ausland genutzt

Riess weiter: „Was mich besonders ärgert ist, dass meine Steuergelder dafür verwendet werden, um als öffentliche Hand Aufträge im billigeren Ausland zu platzieren, statt es in den eigenen Unternehmen oder im eigenen Land zu belassen. Meine Hoffnung ist, dass diese Krise zu einem echten Umdenken und zu einer Änderung des Wirtschaftssystems führt. Sonst wird der gesamte Mittelstand zerstört! Wir brauchen dieses Umdenken bei jedem von uns, den Konsumenten, den Unternehmen selbst sowie bei den entscheidenden Führungskräften und Politikern. Wir brauchen viel mehr Produktion im Land. Wir brauchen mehr Nahversorgung, Nachhaltigkeit, Regionalisierung, mehr Zusammenhalt.

Mich ärgert, dass immer nur große Unternehmen vor den Vorhang gebeten und die vielen KMU, welche die Wirtschaft am Laufen halten weitgehend vergessen werden. Weiters sollten alle Firmen, die Ihre Steuern nicht zur Gänze im eigenen Land bezahlen und durch Schlupflöcher wesentliche Gewinnanteile in Steueroasen verschieben, keinerlei Förderung bekommen.“

Monika Leimhofer von Leimhofer Baustoffe: „Die wirtschaftliche Abhängigkeit bei Gütern, die aus dem Rest der Welt herangeschafft werden, wurde uns schmerzlich bewusst. Diesen Umstand haben die Führungskräfte der Konzerne und der politischen Parteien zu verantworten. Für´s besser machen können sich die „Großen“ an den „Kleinen“ ein Beispiel nehmen. Betriebe wie Zotter, Sonnentor etc. haben gegen alle Widerstände vorgezeigt was möglich ist. Es sind Firmen in denen Wertschöpfung UND Ethik kein Widerspruch sind.“

Lusak zur Corona-Krise: „Die jahrzehntelange Umverteilung seiner Steuern zu Reich und Arm haben den Mittelstand ausgelaugt. Jetzt in der Krise muss er um staatliche Unterstützung betteln. Die „Corona-Stützungspakete“ sind zwar aufwendig, sie kommen aber Großteils gut an. Ich wäre zwar ein Fan davon gewesen, die Entschädigung der Unternehmen durch die einfache Rücküberweisung der in den letzten 3 Jahren bezahlten Steuern vorzunehmen, das ist politisch aber schwer umsetzbar, da teilweise ungerecht.“

Es braucht die „Runde Gesellschaft“, um Arbeitsplätze, Standort, Nahversorgung sowie Umweltschutz zu sichern

Lusaks Sicht der langfristigen Entwicklung: „Der Mittelstand hat aus Sicht der Menschen und noch mehr aus eigener Erfahrung eine schwache Lobby, sonst wäre er nicht generell in diese Probleme gekommen. Eine weitblickende Politik sollte nicht auf die nächste Wahl schielen und zu sehr auf Großunternehmen setzen, sie soll Entscheidungen treffen, welche den Mittelstand und vor allem die innovativ nachhaltig agierenden Unternehmen sichern. Damit seine guten Arbeitsplätze, der Standort, die Nahversorgung erhalten aber auch der Export, die Steuereinnahmen und der Umweltschutz weiterentwickelt werden können. Mit seiner Erstarkung entstünde eine runde Gesellschaft mit weniger Superreichen und weniger Armen. Ohne ihn gehen wir ins Chaos. Dass er der große Sehnsuchtsort geworden ist, sollten wir alle als Startsignal für die Neugestaltung unserer Gesellschaft, Wirtschaft und Politik sehen.“

Wolfgang Lusak, Peter Ramharter, Martin Steiner

Fragen bitte an office@lobbydermitte.at

Ein „Voraus“-Exklusiv-Artikel über diese Umfrage-Ergebnisse wurde bereits in DIE PRESSE am 16.1.21 veröffentlicht

16.1.2021

 

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

You may use these <abbr title="HyperText Markup Language">HTML</abbr> tags and attributes: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

*

*