Wirtschaftspolitik auf österreichisch

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Wirtschaftspolitik auf österreichisch

Ein Gastkommentar von Dr. Marie-Theres Ehrendorff, Chefredakteurin der Wirtschaftsnachrichten (mit einer ergänzenden Anmerkung von Wolfgang Lusak)

Das Chaos rund um die Registrierkassen, das Auslaufen des Handwerkerbonus mit heurigem Jahr, das Zaudern bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit und mangelnde Rechtssicherheit für Unternehmer: Das ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen Politik, die sich nur an Partikularinteressen einzelner Wählergruppen orientiert und die Gesamtsicht auf die heimische Volkswirtschaft völlig aus den Augen verloren hat. 

Das Misstrauen des Gesetzgebers gegenüber Unternehmern nimmt in jenem Maße zu, in dem die Wirtschaftsleistung zurückgeht. Denn wenn die Steuereinnahmen nicht mehr wie ein frischer Bergquell sprudeln, hat die Politik weniger Mittel zur Umverteilung zur Verfügung. „Handwerkerleistungen werden mit einem Gesamtbetrag von 20 Millionen gefördert. Die Förderung beträgt 20 Prozent der Kosten und ist mit 600 Euro pro Förderungswerber gedeckelt. Gefördert wird, so lange Budgetmittel vorhanden sind. Mit dem Handwerkerbonus sollen ausschließlich Arbeitsleistungen befugter Gewerbetreibender im Bereich der Wohnbaurenovierung, Wohnbauerhaltung und Wohnbaumodernisierung an Gebäuden gefördert werden.

Heftige Widersprüche bezüglich Auslaufen des Handwerkerbonus
„Ziel der Maßnahme ist es, Leistungen, die illegal bezogen würden, in die Legalität zu ziehen und auch die Wirtschaft anzukurbeln“, erklärte Finanzminister Hans Jörg Schelling zu dieser Maßnahme gegen Pfusch. Er geht demnach aufgrund der aktuellen Konjunktur-Entwicklung davon aus, dass die Bonus-Aktion kein weiteres Mal verlängert wird. Denn „es steht im Gesetz, dass diese Fördermaßnahme endet, wenn das Wirtschaftswachstum über 1,5 Prozent liegt. Ich würde allen Kritikern empfehlen, dass sie das Gesetz lesen“, sagt Schelling. „Wenn das Wirtschaftswachstum über 1,5 Prozent ist, dann läuft er aus. Nichts anderes habe ich gesagt. Das war auch seine Bedingung, als der Bonus beschlossen wurde.“ Das vom Finanzminister angekündigte „Aus“ für den Handwerkerbonus ab 2018 stößt auf Kritik und Unverständnis aus mehreren Lagern und quer durch alle parteipolitischen Organisationen. So fordert die Wirtschaftskammer, das geplante Auslaufen nochmals zu überdenken. Die Interessenvertretung der Unternehmer weist darauf hin, dass die Regierung mit dem Handwerkerbonus eine wichtige konjunkturpolitische Maßnahme in Umsetzung gebracht habe. „Die nunmehrige Ankündigung, den Handwerkerbonus mit Mitte des Jahres auslaufen zu lassen, sollte aus Sicht der Tausenden Handwerksbetriebe und Konsumenten nochmals überdacht werden, da der Handwerkerbonus für Konsumenten, Handwerker und Staat eine gemeinsame Erfolgsgeschichte ist“, sagt die Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk, Renate ScheichelbauerSchuster. Sie moniert, dass nach den bisherigen Zahlen der Handwerkerbonus sehr gut angenommen wird und die 20 Millionen Euro bereits höchstwahrscheinlich im ersten Halbjahr aufgebraucht sein werden. Gerade im Bereich Handwerk liegen die Konjunkturzahlen der vergangenen Quartale noch nicht auf dem Niveau der Gesamtwirtschaft. „Deshalb sollte man weiterhin Überlegungen anstellen, wie man mit dem attraktiven Instrument des Handwerkerbonus weiter vorgeht.“

Auch der SPÖ-Pensionistenverband ist gegen das Auslaufen des Handwerkerbonus, da gerade einkommensschwache Senioren davon profitieren. „Der Wegfall des Handwerkerbonus trifft wieder einmal genau die am meisten, die eine Unterstützung am dringendsten brauchen würden“, so Pensionistenverband-Generalsekretär Andreas Wohlmut. „Der Handwerkerbonus darf nicht einfach auslaufen, sondern soll durch ein in mehreren EU-Staaten bereits bewährtes Anreizmodell für Sanierungen ersetzt werden“, erklärt der oberösterreichische Landesrat Rudi Anschober von den Grünen. Er fordert eine Sanierungsoffensive bei Wohnungen und Häusern durch eine Reduktion der Umsatzsteuer auf ein Prozent, begrenzt auf vorerst 1,5 Jahre. Hohe Kosten verursachen Schwarzarbeit Auf eine massive Reduktion beim Pfusch bei Haus-Sanierungen aufgrund des Handwerkerbonus verweist der Schwarzarbeit-Experte Univ.-Prof. Friedrich Schneider. „Der Handwerkerbonus hat den Pfusch um 200 bis 250 Millionen in diesem Bereich reduziert, weil es attraktiver war, jetzt Leistungen mit Rechnung zu machen und sich das vom Staat zu vergüten“, so der Linzer Ökonom im „Ö1Morgenjournal“. Der Finanzminister habe durch die 20 Millionen ja nichts verloren, „also für mich ist das unerklärlich, das auslaufen zu lassen“. Ganz im Gegenteil fände er es „sehr gut“, wenn man den Handwerkerbonus „mal zumindest für ein bis zwei Jahre unlimitiert anbieten würde“. Der Finanzminister verliere –selbst bei hohen Mitnahmeeffekten für Investitionen, die ohnehin gemacht würden – neun Millionen Euro durch Umsatzsteuer und weitere Abgaben, so Schneider. Die Ersparnis betrage magere elf Millionen Euro, somit gibt es für ihn „keine ökonomische Erklärung für das Aus“.

Marie-Theres Ehrendorff (dieser Artikel erschien auch in den Wirtschaftsnachrichten)

Anmerkung  Lusak: „Ein sehr gut recherchierter Bericht mit vielen klaren Aussage PRO Handwerkerbonus, dem sich der Mittelstand sicher gerne anschließt. Ich persönlich schließe mich auch der ganz substantiellen Einleitungsaussage „Das ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen Politik, die sich nur an Partikularinteressen einzelner Wählergruppen orientiert … welche die Gesamtsicht aus den Augen verliert.“ an. Und möchte daher darauf hinweisen, dass es in Bezug auf Steuergerechtigkeit (Umverteilung nicht von Arm zu Reich, sondern von Mitte zu Arm UND Reich), Bürokratie (und damit oft auch unfaire Kriminalisierung der KMU), Kapitalzugang/Eigenkapitalbildung, Nachwuchs/Bildung auch ganz gewaltige und weiterhin zunehmende Benachteiligungen der KMU bzw. des Mittelstandes gibt. Auch in diesen Bereichen wären klare Aussagen aus allen Lagern angebracht.“