EU-Lieferkettenrichtlinie zerstört Mittelstand

Das ist mehr als fahrlässig, das kann man auch als ein unintelligentes, achtloses und Mittelstand-zerstörendes EU-Gesetzeswerk bezeichnen, nämlich die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD). Der unternehmerische Mittelstand sollte sich beim Senat der Wirtschaft (SdW) bedanken, der diese höchst bedauerliche Fehlentwicklung in den EU-Arbeit in Form einer Presseaussendung und eines Plädoyers so richtig fundiert ans Tageslicht gebracht hat. Die Lobby der Mitte sagt Danke zu SdW-Vorstandsvorsitzendem Hans Harrer – seine scharfe Kritik trifft den Kern des Problems – und seinem Team. Hier der Original-Text der SdW-Presseaussendung (Harrer-Foto von Richard Tanzer):

ACHTUNG: Unten gibt es eine sehr gute neue Nachricht dazu:
Macron und Merz begraben das EU-Lieferkettengesetz!

EU-Lieferkettenrichtlinie fördert Bürokratie statt Menschenrechte 

Die unabhängige Wirtschaftsorganisation, Senat der Wirtschaft, warnt vor der im Jahr 2024 beschlossenen Lieferkettenrichtlinie. Diese belastet den Mittelstand erheblich, gefährdet den Wohlstand und Arbeitsplätze in Europa und wird die sozialen sowie ökologischen Standards weltweit eher verschlechtern.

 

Wien – Mit der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) wurde 2024 ein ambitioniertes Regelwerk beschlossen, das Menschenrechte sichern, Umweltstandards heben und Kinderarbeit verhindern soll. Was jedoch auf dem Papier als moralischer Fortschritt gefeiert wird, entpuppt sich in der Praxis als Angriff auf die wirtschaftliche Substanz Europas – den Mittelstand – und bewirkt außerhalb Europas eher das Gegenteil – sinkende soziale und Umweltstandards.

Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, entlang ihrer gesamten globalen Lieferkette menschenrechtliche und ökologische Risiken zu identifizieren, zu bewerten und zu minimieren. Für KMU, die weder über die personellen noch finanziellen Ressourcen verfügen, ist das ein kaum leistbarer Kraftakt.

Senat der Wirtschaft Vorstandsvorsitzender Hans Harrer kritisiert scharf die Verordnung: „Besonders kleine und mittlere geraten durch die Auflagen unter enormen Druck!“ „Sie sollen komplexe, globale Lieferketten eigenständig auf Menschenrechts- und Umweltverstöße prüfen. Ein Aufwand, der selbst Großkonzerne an ihre Grenzen bringt und für viele KMU existenzbedrohend ist!“ 

Weiters erklärt er: „Was als ethischer Fortschritt gedacht war, entwickelt sich zu einem praxisfernen Bürokratiemonster. Der Mittelstand wird mit Compliance-Auflagen überzogen, die er weder personell noch finanziell stemmen kann – und das in einer Zeit, in der viele Betriebe ohnehin ums wirtschaftliche Überleben kämpfen.“ 

EU-Lieferkettenrichtlinie fördert Schattenmärkte und stärkt autoritäre Akteure 

Mangels verlässlicher Transparenz und Kontrollmöglichkeiten droht ein Rückzug nachhaltiger europäischer Unternehmen aus wichtigen Auslandsmärkten und ebnet das Feld für skrupellosere Akteure – Staaten und Unternehmen, die sich weder an europäische Umwelt- noch Sozialstandards halten und ihre eigenen geopolitischen Interessen durchsetzen –  mit gravierenden Folgen für Wirtschaft, Umwelt und soziale Entwicklung: Anstatt den erhofften moralischen Fortschritt zu bringen, führt die EU-Lieferkettenrichtlinie so zu einem ungewollten Kollaps: Frauenrechte werden wieder verstärkt ignoriert, Kinderarbeit verlagert sich in schwer kontrollierbare Schattenmärkte, Ökologie bleibt die Geisel von Korruption. Das Resultat ist ein dramatischer Rückschritt, wirtschaftlich, ökologisch und sozialpolitisch.

Kosmetik statt Kurswechsel 

Der im Februar 2025 vorgelegte Vorschlag der EU-Kommission zur sogenannten „Omnibusverordnung“ bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Zwar sollen Unternehmen künftig in erster Linie ihre direkten Geschäftspartner prüfen müssen. Doch bei Hinweisen auf schwerwiegende Verstöße bleibt die Pflicht zur Prüfung entlang der gesamten Lieferkette bestehen. „Das ist Kosmetik, kein Kurswechsel“, betont Harrer. „Die strukturelle Überforderung bleibt bestehen. Die Folgen sind verheerend: Soziale und ökologische Standards in Entwicklungs- und Schwellenländern geraten unter Druck, statt gestärkt zu werden.“ 

Denn aus Sorge vor Haftungsrisiken werden insbesondere Großunternehmen auch weiterhin umfassende Nachweise einfordern – mit erheblichen Auswirkungen auf kleine und mittlere Betriebe. Diese sehen sich weiterhin mit hohen bürokratischen und finanziellen Belastungen konfrontiert. Die wenigen Erleichterungen wie etwa verlängerte Fristen ändern nichts am Grundproblem: Die politische Verantwortung für globale Herausforderungen wird auf die Wirtschaft abgewälzt – und überfordert insbesonders den Mittelstand.

„Keinesfalls zu akzeptieren ist, dass skrupellose Staatslenker durch das Abwälzen der Kontrollpflichten auf Unternehmen, ihrer Verantwortung gegenüber Land und Mensch enthoben werden,“ betont  Harrer.

Die Forderungen des Senat der Wirtschaft sind daher: 

  • Die vollständige Rücknahme der Lieferkettenrichtlinie.
  • Keine nationale Übererfüllung von EU-Vorgaben („Gold Plating“).
  • Eine partnerschaftliche Entwicklungspolitik auf Augenhöhe.
  • Bürokratieabbau und gezielte Investitionsanreize für KMU.
  • Den Ausbau fairer und durchsetzbarer Handelsabkommen – bilateral wie multilateral (Mercosur).

Europäische Verantwortung braucht Realitätssinn 

Die EU-Lieferkettenrichtlinie verfolgt hehre Ziele, läuft in ihrer jetzigen Ausgestaltung aber Gefahr, wirtschaftlichen Schaden anzurichten, anstatt Menschenrechte und Umweltstandards zu stärken. Denn globale Standards lassen sich nicht durch europäische Alleingänge erzwingen. Wer die geopolitischen Kräfteverhältnisse ignoriert, gefährdet nicht nur Europas Mittelstand, sondern auch die Entwicklungschancen im Globalen Süden.

„Als Gesellschaft müssen wir Verantwortung tragen“, sagt Harrer. „Wirtschaftliche Verantwortung darf nicht die moralische Pflicht der Politik ersetzen und auf die Unternehmen abgewälzt werden.“ Wo sich europäische Unternehmen aus schwierigen Märkten zurückziehen, übernehmen oft Anbieter aus autoritären Staaten – mit geringem Interesse an sozialen und ökologischen Standards, aber großem geopolitischen Kalkül.

Harrer warnt daher: „Europa braucht Regeln – aber auch wirtschaftliche Vernunft und Respekt vor der Rolle der Unternehmer. Wer das ethische Fundament unseres Wirtschaftssystems stärken will, darf es nicht mit unrealistischen Anforderungen untergraben.“ 

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Die Lobby der Mitte steht auch in dieser Sache an der Seite des Senat der Wirtschaft, an der Seite der Leistung, Steuern, Arbeitsplätze, Nachhaltigkeit und Zusammenhalt statt Spaltung erbringenden Mitte der Gesellschaft. Die Lobby der Mitte schließt sich den diesbezügliche Forderungen des SdW vollinhaltlich an.

 

Eine sehr gute neue Nachricht ist diese Mitteilung von Oliver Grimm (DIE PRESSE-Brüssel-Korrespondent) vom 21.5.25:
Macron und Merz begraben das EU-Lieferkettengesetz!

Wer Friedrich Merz, dem neuen deutschen Bundeskanzler, vor einer Woche bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel zugehört hat, konnte es ahnen. Seit Montagabend darf es als fix gelten: die Lieferketten-Richtlinie der EU wird nie zur Anwendung kommen. „Wir werden in Deutschland die nationale Vorschrift aufheben, und ich erwarte von der EU, dass sie die europäische Regulierung auch abschafft“, hatte Merz am 9. Mai nach dem Treffen mit seiner CDU-Parteifreundin und Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, gesagt.
Am Montag legte Emmanuel Macron vor versammelter Konzernchefelite bei der Investorenveranstaltung „Choose France“ nach: „Wir sind absolut im Einklang mit Kanzler Merz und anderen Kollegen, noch weiter zu gehen“, sagte Frankreichs Präsident. Die Lieferketten-Richtlinie „und einige andere Regulierungen müssen nicht bloß um ein Jahr aufgeschoben, sondern beseitigt werden.“
Zur Erinnerung: diese Richtlinie ist noch nicht einmal ein Jahr alt. Sie hätte ursprünglich im Juli 2027 in Kraft treten sollen. Auf Druck der Mehrzahl der nationalen Regierungen und vor dem Hintergrund der angespannten wirtschaftlichen Lage in ganz Europa hatte die Kommission im Februar vorgeschlagen, den Beginn ihrer Anwendung um ein Jahr auf 2028 zu verschieben. „Vereinfachung versprochen, Vereinfachung geliefert!“, streute von der Leyen sich damals per Presseaussendung Selbstlob.
Auch nach dem Treffen mit Merz war das die Linie der Kommission. „Wenn das die deutsche Position ist, werden wir schauen“, sagte von der Leyens Sprecherin am Montag vor einer Woche auf meine Frage, was nun mit der Richtlinie passieren werde. Sie müssen nun jedenfalls von den beiden Gesetzgebern, also Rat und Europaparlament, behandelt werden.
Was eine seltsame Antwort war. Der Rat hatte dem sogenannten Omnibus-Vorschlag der Kommission, im Rahmen dessen neben anderen Vorschriften auch die Lieferketten-Richtlinie wie beschrieben geändert werden soll, bereits am 25. März zugestimmt. Das Parlament tat dies am 3. April. Der Aufschub um ein, für kleinere Unternehmen um zwei Jahre, ist also fix.
In der politischen Realität ist dieses zentrale Vorhaben aus dem „EU Green Deal“ von der Leyens jedenfalls ein Totgeburt. Man kann das gut oder schlecht finden, aber bedenklich ist auf jeden Fall, wie viel Zeit und Energie die Union für so ein umfassendes Gesetzesvorhaben aufgebracht hat, bloß um es dann bei geänderter weltanschaulicher Großwetterlage im Handumdrehen einfach abzuwürgen.
Zumal eine wesentliche Frage unbeantwortet bleibt: ist es für Europas große Unternehmen (denn nur solche mit mehr als 250 Beschäftigten wären verpflichtet) eine zu große bürokratische Belastung, oder gar faktisch unmöglich, ihre Lieferanten auf die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltnormen zu prüfen – oder wollen sie mancherorts lieber nicht allzu genau hinschauen, unter welchen Bedingungen in ihren Lieferketten gearbeitet wird?
Eine erfolgreiche zweite Wochenhälfte wünscht Ihnen
Oliver Grimm

Mag. Wolfgang Lusak ist Obmann der unabhängigen „Lobby der Mitte“. Kürzlich veröffentlichte er seine Erzählung „Mein Herz schlägt in der Mitte“ in dem er ein Fünf-Punkte-Programm für die „Gesellschaft der Mitte“ vorlegt: www.herzindermitte.at 

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