Russland: Vier mögliche Strategien

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Russland: Vier mögliche Strategien

Wie soll ich mich gegenüber Russland angesichts des Ukraine-Krieges verhalten? Das fragen sich weiterhin viele Unternehmen und Exporteuren. Hier zeigt „die wirtschaft4 hochinteressante Strategie-Alternativen im Verhalten der westlichen Wirtschaft gegenüber Russland laut einem gut geführte und aussagestarke Interview mit Krisenkommunikations-Experte und Faculty Member der WU Executive Academy Dan Laufer. Dank und Gratulation an Dan Laufer und „die wirtschaft“-Chefredakteur Stephan_Strzyzowski!

Russland: Vier mögliche Strategien

Unternehmen mit Business in Russland reagieren unterschiedlich auf den Ukraine-Krieg und die Sanktionen des Westens. Der Krisenkommunikations-Experte und langjährige Faculty Member der WU Executive Academy, Dan Laufer, skizziert vier Szenarien und zeigt Kommunikationsstrategien auf. (Foto Dan Laufer © WU Executive Academy)

Der Schock nach der russischen Invasion in der Ukraine wirkt immer noch nach. Sie hat nicht nur unglaubliches Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung und eine Neuordnung der geopolitischen und wirtschaftlichen Machtverhältnisse auf der ganzen Welt nach sich gezogen. Von den international beschlossenen Sanktionen gegen Russland sind nicht nur Volkswirtschaften betroffen, sondern vor allem auch westliche Konzerne und Unternehmen, die seit vielen Jahren mit und in Russland Geschäfte machen.

Wer die Wahl hat, hat auch die Qual. Aber was ist richtig, und was falsch?

Dan Laufer ist Associate Professor für Marketing and International Business und ehemaliger Head of School an der Viktoria University of Wellington in Neuseeland. An der WU Executive Academy in Wien ist er seit vielen Jahren als Vortragender zum Thema “Crisis Communication“ in den MBA-Studiengängen aktiv. Der Experte für strategische Krisenkommunikation hilft Unternehmen dabei, in Krisen ihre Reputation zu wahren und Schadensbegrenzung zu betreiben. Doch auch er sagt: „Kommunizieren alleine reicht nicht, man muss auch die entsprechend richtigen Taten setzen“.

Doch welche Reaktionen haben Konzerne bisher im Umgang mit dem Ukraine-Krieg gezeigt – und wie sollten sie ihre Entscheidungen am besten kommunizieren?Dan Laufer hat vier typische Szenarien identifiziert, wie westliche Unternehmen auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieg reagieren, und rät zu folgenden Kommunikationsstrategien:

Strategie 1: Kompletter Rückzug aus Russland

Alle Standorte in Russland werden geschlossen, die Mitarbeiter gekündigt. Das Unternehmen zieht sich auf unbestimmte Zeit aus Russland zurück. „Das haben viele Konzerne auch im Zuge der Sanktionen getan. Es ist aber stets die Frage, wie groß der Anteil meines Businesses in Russland war. Nicht jeder kann sich das aus der Unternehmensperspektive heraus leisten“, so Dan Laufer. Mehr als 750 von untersuchten 1000 Konzernen und Ketten hätten sich komplett aus dem Land zurückgezogen, wie eine Auflistung der Yale School of Management zeigt (siehe hier). „Unternehmen, die ihr Business vollständig in Russland gestoppt haben, wurden in der Öffentlichkeit am positivsten wahrgenommen. Zum Teil auch wegen der internationalen Sanktionen mussten sie entsprechend agieren. Sie haben wegen des Geschäftentgangs nicht nur höhere Kosten, sondern auch höhere Einnahmen, wie Jeffrey Sonnenfeld in der Washington Post mit Autorenkollegen skizzierte. Denn: Die Konzerne werden für den Exit aus Russland mit höheren Aktienkursen belohnt – so etwa bei der Société Generale geschehen. Umgekehrt müssen Unternehmen, die in Russland bleiben, mit den höchsten Kosten und großem Schaden in ihrer Reputation und Marke rechnen“, sagt Laufer mit Blick auf den Artikel.

So sollte die Kommunikation aussehen: Er rät den betroffenen Unternehmen: „Kommunizieren Sie den Rückzug mit dem Argument, dass es im Moment keine andere Lösung für das Unternehmen gibt. Bleiben Sie aber mit den Stakeholdern und Kooperations- und Geschäftspartnern in Russland weiterhin in gutem Kontakt. Die russischen Unternehmen und einzelne Menschen können nichts für die politische Entscheidung, einen Krieg zu beginnen – und unterstützen das auch nicht unbedingt. Mit einer klaren, transparenten Argumentation für Ihre Entscheidung helfen Sie womöglich auch, das Gegenüber zu sensibilisieren.“ Wenn Standorte geschlossen und Mitarbeiter gekündigt werden, ist auch die klare Kommunikation nach innen essentiell. „Die Mitarbeiter sollten transparent, fair und früh genug informiert werden – und ihnen auch nach Möglichkeit Unterstützung angeboten werden“, so Dan Laufer.

Dan Laufer gibt auch zu bedenken: „Nicht alle Unternehmen konnten sofort das Land verlassen, einige sind geblieben – nicht immer, weil sie es wollten.“ So gebe es mitunter „komplizierte Regularien, die einen raschen Rückzug verhindern. Franchise-Unternehmen sind beispielsweise an bestimmte Auflagen und Verträge gebunden. Ist das der Fall, so ist es wichtig, den schrittweisen Rückzug bzw. den Noch-nicht-Rückzug offen und proaktiv gegenüber den Mitarbeitern, in der Öffentlichkeit und gegenüber Kunden zu kommunizieren – auch beispielsweise mit einem Statement, das den Krieg verurteilt“, sagt Laufer. Andernfalls würde der Ruf des Unternehmens rasch beschädigt werden. „Dann heißt es, der Mitbewerber ist längst weg, und man ist immer noch da und hat offenbar keine klare Haltung gegen den Krieg und ist pro-Russland“.

Strategie 2: Business mit Russland auf Eis legen

Wenn der russische Markt zum wichtigen Teil des Kerngeschäfts gehört, ist es auch für westliche Unternehmen schwierig, alle Zelte abzubrechen. Dan Laufer rät: „Eine Alternative ist, das Geschäft vorläufig auf Eis zu legen.

So sollte die Kommunikation aussehen: Auch hier ist es besonders wichtig, mit den Stakeholdern in gutem Austausch und Kontakt zu bleiben und auch hier die Entscheidung nachvollziehbar zu argumentieren – ebenso, dass die Entscheidung nichts mit der Qualität der Zusammenarbeit zu tun hat. Zudem helfen regelmäßiger Austausch und Updates dabei, nach Kriegsende womöglich wieder das Geschäft aufnehmen zu können“, so Dan Laufer.

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