EXPO21 in Dubai – Lusaks Vorort-Report

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EXPO21 in Dubai – Lusaks Vorort-Report

Wolfgang Lusak über seinen Besuch der EXPO in Dubai im Dezember 2021

Brot & Spiele statt Nachhaltigkeit – ein kritischer Vor-Ort-Report von der EXPO21 in Dubai mit Fotos

Zwar hat sich die Weltausstellung EXPO21 in Dubai auf das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz eingeschworen, in der Praxis bietet sie aber vor allem beeindruckende Shows und Unterhaltung. Dafür verbraucht diese Ausstellung – ihre Vorgängerinnen nochmals übertreffend – gigantisch viel an Boden, Material, Energie und natürlich Geld. Ein Aussteller-Land zeigt sich aber als erfreuliche Ausnahme.

Allein schon die Anfahrt ist atemberaubend. Über 6-spurige Autobahnen, vorbei an der Skyline Dubais, überragt vom höchsten Gebäude der Welt, dem Burj Khalifa. Vorbei an trockenen, trostlosen Flächen und dann wieder grünen Gartenanlagen, die alle mit aus dem Ozean gewonnen, entsalzten Meerwasser versorgt werden. Und dann die Zufahrt mit riesigen Parkflächen, weiter zu Fuß zu den drei großen Eingängen an denen Menschenschlangen vor vielen Kontrollen bezüglich Tickets, Ausweisen, Impfzeugnissen etc. warten. Dahinter weite Areale mit unzähligen „Guides“, die einen sehr freundlich Expo-Orientierungs-Pläne reichen und beim Suchen bestimmter Zielpunkte behilflich sind. Und dann ist man da in einer Expo, die eine Fläche von 600 Fußballfeldern verschlungen hat – und staunt.

Breite mit Palmen gesäumte Alleen und Avenuen führen bei höchst unterschiedlichen und kuriosen Gebäuden, Länder-Pavillons, Themen-Häusern, Info-Stationen, Parks und Restaurants vorbei. Wer sich vorher schon erkundigt hat weiß, dass die Pavillons von Saudi-Arabien, Russland, Deutschland, Pakistan, Singapur und natürlich des Veranstalters, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE oder englisch UAE) – deren Pavillon wie ein sich gerade niederlassender riesiger Vogel mit ausgebreiteten weißen Flügeln aussieht – besonders sehenswert sind. Und es ist wahr: In den Gebäuden erwarten einen großartige Video-Installationen mit viel bewegten Bildern von Landschaften, Städten, Folklore-Events, Kulinarik, Technologie und natürlich von Klima-rettenden, ökologisch-nachhaltigen Projekten. Mit viel Pathos wird die Notwendigkeit, dass „wir jetzt alle gemeinsam nachhaltig handeln müssen“ beschworen, weil wir ja nur eine Welt hätten, unsere, diese von uns selbst geschundene. Da wird einem die Scheinheiligkeit dieser Ausstellung bewusst, die ja Millionen Menschen mit fossile Brennstoffe verbrauchenden Flugzeugen und Fahrzeugen nach Dubai lockt, die unfassbare Mengen an Wasser, Strom und sonstige Ressourcen verbraucht und damit einen Beitrag zur weiteren Zerstörung unserer Lebensgrundlagen „leistet“.

Eine erfreuliche Ausnahme stellt der österreichische Pavillon dar, der aus 38 kleinen, aus Naturmaterialien hergestellten, ineinander greifenden, nach oben offenen Türmen besteht, die so eine natürlich kühlende Luftzirkulation erzeugen, dass keine Aircondition gebraucht wird. Klar, nicht alles ist recyclebar, aber allemal nachhaltiger als die meisten der anderen Pavillons. Man fühlt sich wohl drin, wird gut und einfach mit Information über Österreich, seine Kultur, seinen Tourismus und seine Wirtschaft versorgt. Chapeau für die WKO! Uns ist in dieser echt nachhaltigen Form nur noch der Singapur-Pavillon positiv aufgefallen, der fast nur aus wunderbaren, Pflanzen-begrünten Wänden und Gestellen besteht.

Ganz großartig ist der gewaltige „Dom“ im Mittelpunkt der EXPO, der als eine mit durchbrochenen arabischen Formen ausgestattete Halbkugel vielen tausenden Mensch Platz gibt, spektakuläre Konzerte, Shows und Präsentationen ermöglicht und bei Dunkelheit höchst faszinierende Licht-, Formen- und Video-Spiele bietet, manchmal auch in 3D. Alle freuen sich dabei wie die Kinder.

Die Menschenmassen aus aller Herren Länder wirken dementsprechend interessiert, neugierig, fröhlich, bunt und fast homogen. Natürlich dominieren die weißen langen Gewänder der Araber und die schwarzen auch den Kopf bedeckenden Kleider und Tücher der arabischen Frauen. Eine Kombination aus Babylon und Himmelreich, eine klug inszenierte Mischung. Die Strenge der absolut herrschenden Emire ist kaum zu spüren, eher Leichtigkeit. Altrömische „Brot und Spiele“ in der arabisch-globalen Gegenwart.

Ja, ich war auch sehr beeindruckt und begeistert über die Vielfalt, Buntheit, Großartigkeit und Faszination dieser Ausstellung. Aber ich habe sie auch als sehr widersprüchliche Inszenierung zwischen Nachhaltigkeits-Botschaft und brutalem Ressourcen-Verbrauch empfunden. Als Spielplatz und Machtdemonstration der Global-Konzerne, die fast überall als Sponsoren, Innovatoren und Weltretter präsentiert werden, obwohl es weltweit eigentlich der unternehmerische Mittelstand ist, der sehr viele wichtige Innovationen bringt und die nachhaltige Lebensqualität sichert. Als Großmannssucht eines feudalen Wüstenstaats, der mit einem diese Welt mit-zerstörenden Rohstoff sehr reich geworden ist. Als große Greenwashing-Bühne des Shareholder-Value-orientierten Kapitalismus, der wohl aus kurzfristigem Gewinnstreben zu wenig für die rechtzeitige Dekarbonisierung dieses Planeten tut. Es gibt zu viel Geld, es wird zu viel gedruckt – auch das führt zu einer Inflation die vor allem dem Mittelstand, der Mittelschicht und den Sparern am Kopf fällt.

Zur Selbst-Reflexion muss man aber auch gestehen, dass viele von uns EPU, KMU und Familienbetriebe in Europa noch selbst zu wenig nachhaltig leben, einkaufen und Urlaub machen und daher mitten drin in der Verantwortung stecken. Auch weil viele von uns durch Existenz-sichernde Pensionsfonds, Aktien, weltweite Supply-Chains und natürlich auch Konzern-Kooperationen involviert sind.

Fazit: Trotz aller Schönheit und kraftvoller Ausstrahlung dieser EXPO gibt sie auch Anlass zur Irritation. Auch in Wien wurde vor dem Untergang der Monarchie getanzt und gefeiert. Und im alten Rom hat man noch seine Ausschweifungen zelebriert, als die Germanen schon vor den Toren standen. Lernen wir nichts aus der Geschichte? Eins ist klar: Damals ging es um Imperien, heute um die ganze Menschheit. Die versöhnliche, Hoffnung machende Seite an dem Ganzen: Das sehr friedliche und ziemlich offene Zusammentreffen von Menschen aus aller Welt.

Wolfgang Lusak

 

P.S.: Habe nicht nur die Weltausstellung besucht, sondern habe auch in Vertretung dreier österreichischer KMU dem österreichischen Handelsdelegierten für die Emirate Mag. Richard Bandera hauptsächlich das SMART STREET-System-Angebot von Fonatsch, aber auch Infos von act4.energy und RIESS-KELOmat für den Markt im Nahen Osten  präsentiert: ZUM BERICHT – danach konnte ich ihm auch noch unser BEST OF MITTELSTAND-Buch überreichen

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