MITTELSTAND JETZT ODER NIE: Liebe Politikerinnen und Politiker …

mittelstand-jetzt-oder-nie-liebe-politikerinnen-und-politiker

MITTELSTAND JETZT ODER NIE: Liebe Politikerinnen und Politiker …

Lusak Kommentar September 2020

Liebe Politikerinnen und Politiker …

… auf ein Wort zur Situation und zu den Bedürfnissen des unternehmerischen Mittelstandes, der von einer großen Mehrheit der Österreicher als Zugpferd Nr. 1 der Wirtschaft gesehen wird und sich dabei gleichzeitig zunehmend benachteiligt und ignoriert fühlt. Gerade wenn sich die Covid19-Krise wieder etwas verschärft, ist es eine gute Zeit, nicht nur das Notwendige zur Bewältigung der kurzfristigen Krise zu tun, sondern auch die Sicherung der langfristigen Existenz der Menschen (durch Zusammenhalt der Gesellschaft, verantwortungsvolles Wirtschaftssystem, Bekämpfung des Klimawandels) mit zumindest gleicher Kraft zu betreiben, also an der wahren Substanz der Gesellschaft und der Gemeinschaften zu arbeiten. Dabei wird der unternehmerische Mittelstand und die ihn umgebende „Wertegemeinschaft Mittelstand“ entscheidend sein.

Seit 30 Jahren arbeite ich mit und für mittelständische Unternehmen, das sind für mich die Eigner von EPU, Startups, KMU, Familienbetrieben und Freiberufler (statistisch rund 7% der Österreicher). Wenn man die Österreicher fragt, ob sie sich – rund um die mittelständischen Unternehmen – zu einem Mittelstand der Werte Leistung, Eigentum, Nachhaltigkeit und Fairness bekennen, dann sind das 33% der Bevölkerung. 89% der Österreicher halten diesen Mittelstand für wichtig, 30% glauben, dass keine der bestehenden Parteien eine Mittelstandspartei ist bzw. sie kennen keine Mittelstandspartei! Der Mittelstand wird als der wichtigste „Die Wirtschaft-Voranbringer“ eingeschätzt aber auch als eine Gruppe, die permanent an Durchsetzungs- und Lobby-Kraft verliert. Alles belegt mit repräsentativen Gallup-Umfragen, Interviews und Statistik.

Vor 10 Jahren habe ich (gemeinsam mit Margarete Kriz-Zwittkovits) die Mittelstands-Plattform „Lobby der Mitte“ ins Leben gerufen, die es sich zur Aufgabe gestellt hat, dem Mittelstand zu mehr Sichtbarkeit und Durchsetzungskraft zu verhelfen, was wir mit Umfragen (bisher 8 Wellen Mittelstands-Barometer), Interviews (zu den Themen Erfolg, Forderungen an Politik, Corona etc.), Fachartikeln und Meinungsbildung, dem sehr gut aufgenommenen Blog, der Auszeichnung Mittelstandshero und diversen Events, Kooperationen, Büchern und Aktionen angegangen sind.

Die wahren Vorreiter

Eine Gruppe innerhalb des unternehmerischen Mittelstandes (7%) sind die innovativ-digitalisiert-nachhaltigen Vorreiter, nach meiner Schätzung ca. 1 % der Bevölkerung. Sie haben klar erkannt, dass sie durch Kooperation (mit anderen KMU, mit Kommunen, Konzernen, Institutionen etc.) mehr für sich und die Menschen und gegen die Erderwärmung erreichen können. Diese Innovatoren und Erhalter haben mehr als der Rest erkannt, dass es darum geht die Folgen der noch nicht bewältigten Corona-Krise auf die Wirtschaft sowie die wohl noch gefährlicheren Probleme des von rücksichtslosen Menschen verursachten Klimawandels kurzfristig abzufedern und langfristig einer ganzheitlich-nachhaltigen Lösung zuzuführen. Vertreter dieser Gruppe stellen auch in der Lobby der Mitte das konstruktive Kernteam.

Jetzt unerträglich

Für mich ist auch transparent geworden, dass wir den Weg zur RUNDEN GESELLSCHAFT gehen müssen, um die Auslöschung von Mittelstand und Mittelschicht zu verhindern und statt einer alten Feudalstruktur und der aktuellen „Schachfiguren-Gesellschaft“ (mit immer schwächer werdenem Mittelstand siehe Abbildung) eine ausgeglichene, echt demokratische und damit runde Gesellschaft brauchen.

Der Mittelstand muss aus seiner Missachtung befreit werden, weil er mit Innovation und Fleiß Arbeitsplätze, Nahversorgung, Standort, regionale Qualität und Exporte sichert, überwiegend nachhaltig, verantwortungsvoll und fair agiert sowie trotz Bürokratie, Steuer-Ungerechtigkeit, schlechteren Zugängen zu Kapital und Arbeitskräften ein notwendiges Gegengewicht zu überbordendem Kapitalismus und Populismus darstellt. Er fühlt sich aber seit Jahrzehnten besonders benachteiligt, ausgebeutet und missachtet:

Wir haben eine komplett falsche Umverteilung

  • Weil er als Netto-Transferzahler gleich 3 Netto-Transferbezieher „schultert“
  • Weil er gegenüber den Steuer-vermeidenden u. „too big to fail“-Konzernen benachteiligt ist
  • Weil er in Medien & Politik zwischen „Armut Leidenden“ und „Superreichen“ untergeht
  • Weil er sich in der WK zwischen „Wählerstimmen“-EPU und „Umlagen“-Groß/Leitbetrieben missachtet und aufgerieben fühlt, was sich in sinkender WK-Wahl-Beteiligung spiegelt
  • Er hat die hoffnungslose Gewissheit, dass von ihm nach UNTEN und OBEN umverteilt wird
  • Jetzt in der Krise wächst die Unzufriedenheit des Mittelstands stark und mehr denn je. Er fragt sich, wer seine wahre Interessenvertretung ist. Und wer ihm jetzt die Rahmenbedingungen gibt, damit er weiterhin/wieder zu Aufträgen und Umsatz kommt – um damit weiterhin unsere gesamte Existenz zu sichern.

Lösungsansätze wären z.B. die Erhöhung der Ressourcen-Autonomie der Regionen, Stärkung von Nahversorgung und Vitalprodukte-Erzeugung durch Smart & Green Regions; Vorrang für Stützung von Projekten/Innovationen, die letztlich echte Wertschöpfung und Arbeitsplätze bringen, also das Gemeinwohl im Blick haben; Erleichterungen und Entbürokratisierung für nachhaltige und innovative Mittelstandsbetriebe; Mittelstand die Chance zur Eigenkapitalbildung geben;  z.B. Steuerfreiheit für nicht entnommene Gewinne, Maßnahmen gegen EU/EZB-Umverteilung; insgesamt Bürokratie-Abbau, Steuergerechtigkeit, besserer Zugang zu Kapital und Fachpersonal; Unterstützung der Sichtbarkeit und Durchsetzungskraft (individuell, als Koops und als Lobby).

Viele Chancen liegen in der Region

Es besteht auch ein hoher Bedarf nach digital-nachhaltig orientierten Regionen, in denen innovative KMU-Koops und Kommunen gemeinsam den Lead haben. Damit erhöhte Ressourcen-Autonomie, Vitalprodukte-Erzeugung und Nahversorgung erreicht werden kann, sollten die Regionen zu erfolgreicheren Einheiten, zu SMART & GREEN REGIONS entwickelt werden – gleichwertig mit Großstädten. Megatrends wie Digitalisierung, Umwelttechnologie, Sicherheit und E-Mobilität sollten dort genutzt werden, wo die Ressourcen Wasser, Energie, Lebensmittel, Rohstoffe etc. sind.

Corona-Kurzarbeit und Kapitalspritzen sind nur Überbrückungen, jetzt braucht die Wirtschaft
Impulse, die zu Umsatz führen und dabei langfristig Klimaschutz, Wertschöpfung im Land,
Besteuerung im Staat sowie Lebensqualität durch Inklusion, Integration, Kooperation & Open Innovation sichern ( 84% sind für „umweltbewussten Wiederaufbau“).

Frage an ÖVP: Verschwindet nach den Arbeitern auch der Mittelstand?

Die ÖVP ist im Moment – vor allem Dank der Strahlkraft von Sebastian Kurz – unangefochtene Mehrheitspartei. Aber sie sollte bedenken: So wie die SPÖ auf die Arbeiterschaft als Wähler kaum mehr zählen kann, weil diese immer weniger wurde oder sich von ihr nicht mehr repräsentiert fühlte, so könnte auch die ÖVP den Mittelstand verlieren, wenn er immer kleiner wird und sich auch unverstanden und missbraucht, ja verwaist fühlt. Die unter 40% Wahlbeteiligung bei der WK-Wahlen sind vermutlich ein Alarmsignal.

Liebe Politikerinnen und Politiker, Ihr – vor allem ÖVP und SPÖ – habt nach dem Weltkrieg Österreich sehr gut aufgebaut und auch danach wertvollste politische Arbeit für die Menschen in Österreich erbracht. Ihr solltet dennoch – in aller Freundschaft – bedenken: Nur wenn es dem Mittelstand gut geht, geht es uns allen gut.

Mag. Wolfgang Lusak ist Unternehmensberater, Lobby-Coach und Mittelstands-Aktivist. www.lusak.at (Lusak Consulting) bzw. www.lobbydermitte.at (Lobby der Mitte)
Fragen oder Kommentare bitte an office@lusak.at

Siehe auch die Präsentation und die 3 Artikel:

 

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

You may use these <abbr title="HyperText Markup Language">HTML</abbr> tags and attributes: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

*

*